Kurioser Abschluss einer kuriosen Saison

Nach einer kurzfristigen Spielerabsage fahren wir zu siebt zum schon feststehenden Absteiger. Kareth-Lappersdorf hat in der ganzen Saison noch keinen Mannschaftspunkt erzielt. In einem kuriosen Match schenkt Caissa den Gastgebern heute endlich ein Lächeln, auch wenn es zunächst nicht so aussieht.

Christian nützt direkt nach der Eröffnung die Unaufmerksamkeit seines Kontrahenten aus, indem er – zu Bertls Entsetzen – beide Springer opfert. Für den ersten erhält er die gegnerische Dame, das zweite Opfer erzwingt die Aufgabe nach 25 Zügen.

Bertl durchlebt nach missglückter Eröffnung eine schwierige Phase. Sein Gegner trachtet zunächst seiner Dame, später gar seinem König nach dem Leben. Beide Attentate scheitern allerdings kläglich, Bertl sackt das geopferte Material ein und hat am Ende einfach einen Turm mehr.

An Brett 5 nimmt Uli nach dem strategisch fragwürdigen 15…b5 das Heft in die Hand. Gerade als sein Gegner sich aus den größten Schwierigkeiten befreien könnte, kommt er auf die fatale Idee, seinen weißfeldrigen Läufer zu zentralisieren. Virtuos spannt Uli sein Netz auf, in dem der Läufer alsbald zappelt.

Damit steht es 3:1, und da zu diesem Zeitpunkt – abgesehen vielleicht von Brett 2 die Gröbenzeller Stellungen recht appetitlich aussehen, stehen die Zeichen trotz freigelassenem Brett auf Sieg. Oder doch nicht?

Walid gewinnt als Nachziehender schon in der Eröffnung die Oberhand, doch dann schleichen sich Nachlässigkeiten ein. Zunächst übersehen beide Spieler einen kraftvollen Springereinschlag, kurz vor der Zeitkontrolle läuft Walid nach längerem Lavieren in ausgeglichener Stellung ins Matt.

Auch Tom kommt gut aus der Eröffnung, verfolgt dann aber mit 15…f6 den falschen Plan. Sein Gegner nützt die geschwächte Struktur am Königsflügel virtuos aus und zwingt Tom schließlich mit einem Springeropfer zur Aufgabe.

In Karstens Partie dreht sich alles um die hängenden schwarzen Bauern auf c5 und d5 – sind sie stark oder schwach? Karsten beharkt sie von allen Seiten, bis seinem Gegner in Zeitnot Fehler unterlaufen. Direkt nach der Zeitkontrolle ist auch dieser Punkt im Gröbenzeller Kasten.

Kurioserweise sind in den beendeten Partien einige der ausgeführten bzw. -gelassenen Schlüsselzüge paarweise identisch. Walids Stellung hätte nach 20.Sxe6! wohl genauso die Grätsche gemacht wie die von Christians Gegner nach 21.Sxe6!. Uli erlangt nach dem gegnerischem 15…b5? strategische Dominanz, Tom hätte mit 12…b5!? seinen Eröffnungsvorteil festigen können. Bertls Stellung erscheint nach 12.Sxe5! hoffnungslos, während Karsten mit 27.Se5! seine erfolgreiche Schlussoffensive beginnt.

Beim Stand von 4:3 muss die Partie am letzten Brett die Entscheidung bringen. Aurelian spielt die Eröffnungsphase stark und gewinnt bereits im 12. Zug die Qualität. Danach findet er jedoch keinen Plan zur Aktivierung seiner deplatzierten Leichtfiguren. Stattdessen schickt er seinen Turm auf Abwege, büsst seinen Materialvorteil ein und landet in einer aussichtslosen Stellung. Damit endet das Match 4:4 unentschieden.

Unseren souveränen Klassenerhalt feiern wir anschließend im Biergarten maßvoll(sic!). Die Saison insgesamt muss wegen Corona und der damit verbundenen Maßnahmen als irregulär bezeichnet werden. Sechsmal trat eine Mannschaft zum Wettkampf gar nicht erst an, dazu kamen 21 kampflose Partien, wann hat es das zuletzt in der Oberliga gegeben?

Mit unserer vergleichsweise stabilen Aufstellung, von jeher eine Gröbenzeller Stärke, profitierten wir tendenziell von den Verwerfungen. Im Nachhinein hatten wir schon mit den Auftaktsiegen gegen Trostberg und Post/Süd Regensburg den Klassenerhalt gesichert, denn am Ende gab es nur einen Absteiger. Im Saisonverlauf kamen noch Unentschieden gegen Weilheim, Rosenheim und Kareth-Lappersdorf hinzu, außerdem ein kampfloser Sieg gegen München-Südost. Bei den Einzelbilanzen waren die Ausbeuten von Christian (4 aus 4) und Ron (3,5 aus 5) besonders erfreulich. Waldemar und Aurelian erzielte in ihren ersten Oberliga-Einsätzen jeweils 50%, und es hätten leicht mehr sein können. Und so genießen wir entspannt den Sommer und hoffen auf eine reguläre Spielzeit 2022/23.

(cg, 10.07.2022)