Wieder in der Spur

Kurze Rückblende zum 5. Spieltag (Auswärtskampf gegen Tarrasch München)

Nach dem Debakel im Dezember gegen Trostberg muss ein Neustart erfolgen, so unsere damalige Erkenntnis. Leider haben Bernd und Christian davon nichts mitbekommen und versemmeln ihre Weißpartien im Eiltempo. Gut, dass das restliche Team die Neujahrslosung besser verinnerlicht hat. Captain Tom höchstpersönlich leitet mit einem formidablen Schwarzremis gegen GM Maksimenko die Wende ein. Damit ist der Bann gebrochen. Jan-Erik, Ron und Karsten fahren nacheinander überzeugende Siege ein, einer schöner als der andere. Dr. Siegbert Tarrasch ist nicht nur Namenspate unserer Gastgeber, er hat der Schachwelt auch profunde Weisheiten hinterlassen, beispielsweise dass alle Turmendspiele Remis enden. Trotz anfänglich 14 Bauern im Turmendspiel bestätigt Tobis Partie mühelos Tarraschs tiefe Einsicht. Bertl wiederum bestätigt mühelos, dass profunde Schachweisheiten für ihn keinerlei Gültigkeit haben und führt sein Turmendspiel zum Sieg. Entsprechend weiser und angesichts des insgesamt recht sicher herausgespielten 5:3-Mannschaftserfolgs auch zufrieden fahren wir nach Gröbenzell zurück zu einem wohlverdienten Feierabendbier.

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Zwei Wochen später steht ein weiteres Auswärtsspiel an, diesmal geht es gegen die Schachfreunde aus Freising. Während wir uns bei der Anfahrt durch die verschneite Landschaft kämpfen, gibt Karsten zwei gewagte Prognosen ab. Erstens wird sein Gegner Albins Gegengambit(!) aufs Brett bringen. Und zweitens wird Bertl nach der Eröffnung fürchterlich stehen, am Ende aber dennoch souverän gewinnen. Mensch Karsten, hättest Du doch am Sonntag einen Lottoschein ausgefüllt!

Jan-Erik eröffnet den Reigen mit einem soliden Schwarzremis. Sein trockener Kommentar dazu – „angesichts der Stellungen an den übrigen Brettern sollte das reichen“ – erweist sich ebenfalls als treffsicher.

Am 3. Brett knetet Christian ein typisches Französisch-Endspiel und häuft Stellungsvorteile an beiden Flügeln an. Später findet er jedoch nicht den besten Plan und lässt seinen Kontrahenten aus dem Schwitzkasten. Zu seinem Glück greift dieser bei ablaufender Bedenkzeit daneben und die schwarze Verteidigung bricht unmittelbar zusammen.

Marios kreatives Eröffnungsspiel als Nachziehender wird schon nach 13 Zügen mit einer schwarzfeldrig-dominanten Prachtsstellung belohnt. Dann aber erlaubt er seinem Gegner zu viel Gegenspiel am Damenflügel. Mario sieht sich unerwartet in die Defensive gedrängt und kann den Trend nicht mehr umkehren, bald nach der Zeitkontrolle muss er aufgeben.

An Brett 6 wird katalanisch serviert – um so ungewöhnlicher, dass es Tobi als Nachziehender ist, der sich schon bald Raumvorteil am Damenflügel verschaffen kann. Nach Abtausch aller Schwerfiguren erweist sich dieser Raumvorteil als sehr hilfreich. Im Leichtfigurenendspiel bleibt Tobi stets am Drücker und beendet den Kampf effektvoll mit der Pointe 48…Ld4+!.

Tatsächlich kommt bei Karsten Albins Gegengambit aufs Brett. Karsten sackt den Bauern ein und gibt ihn nicht mehr her. Sein Gegner sucht noch bis zum 66. Zug intensiv nach Kompensation – vergeblich! Mit gewohnt zuverlässiger Technik bringt Karsten den Materialvorteil sicher nach Hause.

Tom spielt ebenfalls eine feine Positionspartie. Nadelstichartig stört er mit seinen Bauernvorstößen immer wieder die Koordination der weißen Stellung. Am Ende ist es der schüchterne e-Bauer, der die Entscheidung bringt. Erst im 32. Zug traut er sich einen Schritt nach vorne, und es dauert noch einmal 20 Züge, bis er auf e2 angekommen ist und die Aufgabe erzwingt.

Nach wenig ereignisreichem Mittelspiel steht Ron in einem Leichfigurenendspiel optisch drückend überlegen, sein Gegner kann sich zwischenzeitlich kaum mehr rühren. Trotz intensiven Nachdenkens und Lavierens gelingt ihm jedoch kein Durchbruch. Das ist auch nicht verwunderlich, hat der Nachziehende doch eine raffinierte Festung aufgebaut. Wie der Weltmeister glauben wir Gröbenzeller eher nicht an Festungen, und so gibt es bei der Afterparty allerlei Vorschläge, wie die schwarze Stellung doch zu knacken sei … die allerdings das Elektronenhirn allesamt kalt lassen, soweit ich das überblicke. Die hübsche Variante 50.Lb7 Kh7 51.b4! axb4 52.Le4+! Kg8 53.axb4 Sa6 54.Lb7!! gewinnt wohl mittels Zugzwangmotiven, aber einfach 53…Kh8! 54.Lb7 Kg8 scheint zu halten. Eine faszinierende Stellung für Studienfreunde!

Bertl hält sich strikt an das bei der Anfahrt vorgegebene Drehbuch. Nach 15 Zügen erscheint seine Stellung anrüchig, 7 Züge später geht die Qualität flöten und mit 30…Dxa4 sichert sich sein Gegner zusätzlich noch einen Mehrbauern. Endlich holt Bertl das Feuerzeug aus der Tasche und beginnt am Königsflügel zu zündeln. 32.h5 macht den Gegner nervös, 35.g4 löst nackte Panik aus und nach 38.f6! ist es im Grunde schon vorbei. Der Rest ist Schaulaufen, auch wenn die Spannung bis zum Schluss erhalten bleibt, da beide Spieler in offener Stellung etliche Züge lang nur noch vom Zeitzuschlag leben.

Der 6:2 Mannschaftserfolg ist sicher nicht unverdient und bedeutet hoffentlich, dass wir im neuen Jahr zu alter Stärke zurückgefunden haben.

(cg, 05.02.2019)