Ein sprichwörtlich überzeugender Auftakt

Aller guten Dinge sind drei

Vorhang auf zur Landesligasaison 2019/20! Wie schon in den beiden Vorjahren treffen wir zum Auftakt auf die Mannschaft aus Haunstetten. Bislang erwiesen sich die Augsburger dabei für uns als schwerverdaulicher Brocken. Im Oktober 2017 setze es eine verdiente 3:5-Niederlage, ein Jahr später konnten wir mit Müh und Not ein Unentschieden retten. Aber aller guten Dinge (Anläufe) sind ja bekanntlich drei…

Die Letzten werden die Ersten sein

Christians Partie beginnt als letzte und ist als erste vorbei. Sein Gegenspieler hat auf der Anfahrt einen Fahrradunfall und erscheint verspätet und etwas lädiert im Spiellokal. Das wirkt sich verständlicherweise ungünstig auf die Konzentration aus, jedenfalls wählt er ein riskantes Caro-Kann-Abspiel und stellt dann unvermittelt die Dame ein – 1:0 nach 18 Zügen.

Neue Besen kehren gut

Walid und Uli treten heute zum ersten Mal in der 1. Mannschaft an. Glorreicher kann ein Doppeleinstand kaum verlaufen, gewinnen doch beide ihre Partie in überzeugender Manier. Walid zeigt einen lehrbuchhaften Minoritätsangriff am Damenflügel und krönt seine Partieanlage mit dem effektvollen Einschlag 29.Sxd5!. Auch die technische Verwertungsphase gestaltet er kurz und trocken.

Uli durchlebt eine Schrecksekunde, als ihn unmittelbar nach Ausführung von 18.Tc2 der Gedanke durchzuckt, damit einen Bauern eingestellt zu haben. In der Post-Mortem-Analyse stellt sich aber schnell heraus, dass 18…Sxb2 19.Txb2 Txc3 20.a4! keineswegs ungünstig für ihn gewesen wäre. Kurz danach unterläuft seinem Gegenüber mit 19…Lf5 wirklich eine Ungenauigkeit. Uli nutzt diese virtuos aus und erreicht überraschend schnell eine klare Gewinnstellung. Einfach stark gespielt.

Kleider machen Leute

Kleider machen Leute, oder anders formuliert: der Anzug bringt schon klaren Vorteil. Nachdem bereits Christian, Walid und Uli diese Lebensweisheit bestätigt haben, macht Tom das Maß voll und beschert uns den 4. Weißsieg. Sein Gegner greift bereits in der Eröffnung fehl und steht von da an mit dem Rücken zur Wand. Toms Vorteil steht nie in Frage, er besteht vor allem in seinem übermächtigen Läuferpaar und der unsicheren schwarzen Königsstellung. Sein Gegenspieler verteidigt sich zäh, kann aber Toms anhaltendem Druckspiel schließlich nichts mehr entgegensetzen. Kurz vor der Zeitkontrolle ist das Matt unausweichlich.

Wer nicht kämpft, hat schon verloren

Karsten findet sich nach nicht ganz geglückter Eröffnung in einer passiven Stellung mit Entwicklungs- und Raumnachteil wieder. Als routinierter Konterspieler richtet er sich auf eine längere Verteidigung ein und wartet auf seine Chancen. IM Grimberg zieht die Daumenschrauben weiter an, lässt den Sack aber zunächst offen (27. Tde1! statt 27.Tfe1 hätte ihn zugemacht). In der Zeitnotphase kommt tatsächlich Karstens Ausgleichschance – aber wer kann sich schon innerhalb weniger Sekunden zu dem überraschenden 36…Th5! durchringen? Leider erhält Karsten keine 2. Chance und muss nach der Zeitkontrolle die Segel streichen.

Ron gerät in einem schwerblütigen Mittelspiel nach 20.b5! etwas unter Druck. Witzigerweise kann er sich wenig später mit dem gleichen Bauernzug (26…b5!) wieder befreien. In weiterhin komplizierter Stellung behält Ron trotz knapp gewordener Bedenkzeit einen klaren Kopf. Nach der Zeitkontrolle sind seine Chancen keineswegs schlechter, wenig später wird die Punkteteilung vereinbart.

Der Weg ist das Ziel

Mario und Bertl erreichen beide mit den schwarzen Steinen ein ausgeglichenes Turmendspiel und sichern jeweils einen halben Punkt – das wäre die nüchterne Kurzfassung. Aber verkörpern die konträren Wege dahin nicht vielleicht doch fundamental unterschiedliche Spielauffassungen (oder gar Lebensphilosophien)? Jedenfalls erreicht Mario das Turmendspiel nach 21 Zügen und die Punkteteilung 10 Züge später durch Zugwiederholung. In der Partie gibt es keine größeren Aufreger, sie wird von beiden Seiten grundsolide und abgeklärt gespielt.

Ganz so undramatisch kann es bei Bertl natürlich nicht zugehen. Im 9. Zug werden die etablierten Pfade der Theorie verlassen, 10 weitere Züge dauert es, bis sich die Kontrahenten auf den ersten Abtausch verständigen können. Dann geht es Schlag auf Schlag: Bertl steckt eine Qualität ins Geschäft, erhält vielversprechende Kompensation, weicht einer Zugwiederholung aus, gerät in nervenaufreibende Zeitnot, greift im 40. Zug daneben, landet in einer Verluststellung, verteidigt heldenhaft, kämpft sich zurück in die Partie, stellt sie ein zweites Mal ein, überlebt auch diese Phase unbeschadet und sichert schließlich mit starker Technik das Unentschieden – wer braucht da noch den Tatort am Sonntagabend?

Ende gut, alles gut

Insgesamt gewinnen wir diesmal das Auftaktmatch recht souverän mit 5,5:2,5. In entsprechend guter Laune lassen wir den Sonntagnachmittag bei spätsommerlichen Temperaturen im nahegelegenen Biergarten ausklingen. So kann es weitergehen!

(cg, 21.10.2019)